Die Hüterin der Geschichte
Brunhilde Rossi Agostini
Ich sitze in der Pflegerstube von Schloss Welsperg, umgeben von knarrendem Holz und der sanften Wärme des Kamins. Es fühlt sich an, als könnte ich die vergangenen Jahrhunderte förmlich spüren. Hier wohnte einst der Pfleger, der Verwalter des Schlosses, der häufig als Einziger lesen und schreiben konnte und das tägliche Funktionieren des gesamten Anwesens überwachte. Doch heute sitze ich nicht mit dem Pfleger aus vergangenen Zeiten zusammen, sondern mit Brunhilde Rossi Agostini – der Frau, die das Schloss zu dem gemacht hat, was es heute ist.
Brunhilde erzählt mir von ihren Kindheitstagen, als sie mit den Kindern der letzten Pächterfamilie im Schloss spielte. „Es war unser Abenteuerland“, sagt sie lächelnd. Besonders spannend war der Turm, der für uns Kinder als der verbotene Schatz wirkte. Eigentlich war er immer verschlossen, was ihn nur noch interessanter machte. „Wir schlichen uns trotzdem hinein, um bis ganz nach oben zu klettern.“ Während ich ihr zuhöre, kann ich mir gut vorstellen, wie das Schloss damals ausgesehen haben muss – verlassen, ein wenig verfallen, aber voller Geheimnisse.